Selbstportrait

C-Prints

2004

In 11 Variationen nimmt Katharina Cibulka in einer Serie fotografischer Selbstporträts mit dem Betrachter frontal Kontakt auf. Allerdings ist ihr Gesicht stark fragmentiert, einerseits durch den Bildausschnitt und andererseits durch einen Prozess der Modifizierung der analogen Farbfotografien, die Opfer von Flammen geworden zu sein scheinen. Doch der erste Eindruck täuscht, denn nicht Feuer ist die Ursache für die Verfremdung des Abbildes, sondern Wasser, genauer gesagt: ein Waschvorgang bei 90° in der Waschmaschine.
Die Fotoserie als Dokument der Selbstdarstellung und Selbstreflexion steht in der Nachfolge traditioneller Künstlerselbstportraits, wobei rasch ersichtlich wird, dass die Reflexionen vielschichtig sind. Das Gesicht der Künstlerin ist nur zur Hälfte geschminkt. Bewusst stellt sie das natürliche Antlitz einem künstlichen Teint gegenüber, der anschließend wieder verwischt wird – dekonstruiert durch den Waschvorgang. Ein künstlich konstruiertes Image reinzuwaschen wird wortwörtlich genommen, wodurch ein demonstrativer Eingriff in die Materialität des Objekts erfolgt. Die Maskierung mit den Mitteln der Kosmetikindustrie wird hinterfragt, verwaschen bei 90°.
Die Assoziation einer reinigenden Waschung, die durch die Handlung heraufbeschworen wird, wird erweitert durch einen kreativen Prozess, einer Modifizierung des Materials, einer Zerstörung des Abbildes bei gleichzeitiger Veränderung von Farbe und Form. Das reine Abbild, losgelöst von der Darstellung des eigenen Individuums, verschwindet partiell und wird zum vergänglichen Subjekt. Der experimentelle Eingriff der „Waschung“, der an das Wasserbad erinnert, dem die analoge Fotografie in ihrer Entstehungsphase ausgesetzt ist, bezieht Elemente des Zufalls als wesentliches Gestaltungselement in den Produktionsprozess mit ein.
Katharina Cibulka reflektiert mit dieser Fotoserie nicht nur über das Künstlerselbstportrait und das Rollenbild der Frau in der Gesellschaft, sondern erweitert die Materialität durch den Einsatz einer ungewöhnlichen Technik. Der so transformierten analogen Fotografie wird damit eine plastische Ästhetik durch die Bewusstmachung der Materialität verliehen.

(Else Prünster)

11 Farbfotografien, 13 x 18 cm, mit 90° in der Waschmaschine gewaschen, gerahmt

 

Fotocredits: Ferdinand Cibulka