Als Wappenadler bin ich eine Schildkröte

Bühnenbild

Premiere 13.01.2024

100 Jahre Otto Grünmandl I Regie Alexander Kratzer I Bühnenbild Katharina Cibulka I Kostüm Alexia Engel I Livemusik Musicbanda Franui I Achitektonische Beratung Alexandra Moisi I 100 Jahre Otto Grünmandl I Regie Alexander Kratzer I Bühnenbild Katharina Cibulka I Kostüm Alexia Engel I Livemusik Musicbanda Franui I Achitektonische Beratung Alexandra Moisi I

Katharina Cibulka hat ein Baustellengerüst auf die Drehbühne gestellt,
in die verbale Wendungen ebenso eingepasst werden wie das kleinkariert tapezierte Grünmandl’sche Zimmertheater.
Solche Referenzen sind das Salz in der Suppe. (Ivona Jelcic, der Standard)

Die (Dreh-)Bühne, gestaltet von Katharina Cibulka, gleicht einem riesigen Baustellengerüst,
in dem sich genügend Etagen und Ecken finden, um Handlungen zu verorten. (Thomas Nußbaum, schoepfblog)

Gewissermaßen als sicherer Hafen für dieses durchaus extravagante, aber gelungene Unterfangen diente die große,
multifunktionale und raumfüllende Bühnenkonstruktion von Katharina Cibulka. Auf ebenjener wurde etwa eifrig geklettert,
sie wurde quasi zur Felswand alpenländischer Prägung, symbolisierte innere Konflikte der Figuren oder durfte
als ausgefallener Theaterort im Theater herhalten. (Markus Stegmayr, APA)

Schlichtweg großartig, weil sinnfällig auch Katharina Cibulkas Baugerüst-Bühne,
in der sich Grünmandls Texte federleicht entfalten. (Christine Frei, Bezirksblätter Innsbruck)

 

 

«Als Wappenadler bin ich eine Schildkröte und kann daher kein Schwein sein.»
Otto Grünmandl

Wie politisch ist das Private und wie menschlich die Öffentlichkeit? Was ist die Wirklichkeit, wenn auf der Theaterbühne öffentlich ­Privates verhandelt wird? Wollen wir nicht alle ab und zu einfach «aus dem Bild steigen»?

Mit einer dramatisch-musikalischen Textcollage zum 100. Geburtstag des großen Tiroler Satirikers Otto Grünmandl wird unmittelbar klar, welche Aktualität und gesellschaftliche Relevanz sein Werk noch heute hat: verspielt, absurd und humorvoll. Spintisierereien, Suppenrezepte und andere Wahrheiten: In diesem Sinne machen die international erfolgreiche Osttiroler Musicbanda Franui live – gemeinsam mit dem Haller Regisseur Alexander Kratzer und einer Bühneninstallation der Innsbrucker Künstlerin Katharina Cibulka – Grünmandls allgemein gültiges künstlerisches Potenzial auf der großen Bühne sichtbar.

1996 gründete Grünmandl in Hall sein Zimmertheater, wo er an jedem Wochenende eines seiner Kabarettprogramme spielte. „Mein Zimmertheater, da war ich fast ein Jahr lang Intendant.[…] Ich hab mich entschlossen, hierher zu ziehen und hier zu wohnen. Wobei ich das Ganze noch so gestalten möchte, dass man den Raum weiterhin für Lesungen benützen kann, oder auch für Kabarett und für Ausstellungen,“ erzählt Otto Grünmandl im Film seines Sohnes Florian Grünmandl

Die Schnittstelle von privat und öffentlich steht auch im Zentrum der künstlerischen Arbeit von Katharina Cibulka: Woher kommt diese Differenzierung von privaten und öffentlichen Räumen? Wie politisch ist das Private und umgekehrt? Diese Agenda verfolgt sie in ihren Interventionen im öffentlichen Raum – seit 2018 mit ihrem interaktiven und auf Dialog ausgerichteten Kunstprojekt SOLANGE auf Gerüsten von Baustellen. Ein Baustellengerüst ist nun auch das wandelbare Zentrum der Bühne. Es bietet zahlreiche Spielmöglichkeiten, eröffnet immer neue Räume und zeigt – einem Kaleidoskop gleich – unterschiedliche Perspektiven und Facetten von Grünmandls Werk. Die vielen Wege, die sich im Gerüst eröffnen, die Verstrebungen stehen nicht zuletzt Modell für Synapsen in einem überdimensionalen Gehirn.

Der Raum als Denkraum; privat oder öffentlich? Es erscheint nur konsequent, das Bühnenbild dieses Abends als Kunstinstallation nicht nur auf der Bühne und nicht nur während der Vorstellung zu positionieren. Das Bühnenbild also derart zu gestalten, dass nicht nur die Schauspieler:innen es bewohnen, sondern auch wir Zuschauer:innen darin Platz nehmen können.  Wo beginnt das Bühnenbild und wo endet das Kunstwerk? So, wie Otto Grünmandl die Trennung zwischen privatem und öffentlichem Raum aufhebt, finden sich Bühnenbild-Zitate im Zuschauer:innenraum und auf der Fassade des Großen Hauses.

Die Bühne, dieser Raum, der immer schon zwischen vermeintlicher Privatheit und künstlerischer Öffentlichkeit schillert, wird erweitert, erlebbarer und sichtbarer – als Zitat und als Irritation.

«Heraus aus den vier Wänden! Hinaus in die Welt!»
Otto Grünmandl

 

 

Außeninstallation von Katharina Cibulka an der Fassade des Tiroler Landestheaters Innsbruck

Am 13. Jänner um 19 Uhr fand die Premiere des Otto-Grünmandl-Abends «Als Wappenadler bin ich eine Schildkröte» mit Musik von Franui am Tiroler Landestheater statt. Die Innsbrucker Künstlerin Katharina Cibulka gestaltete das Bühnenbild sowie die Außeninstallation an der Fassade des Landestheaters.

Die drei Textfahnen WELT SCHMERZ MITTEL sind mittlerweile zum Markenzeichen des Landestheaters im Außenbereich geworden. Cibulka nimmt den Schmerz und ersetzt diesen durch eine frei schwebende Bierkisten-Skulptur. Ihre Installation greift eines der Grünmandl’schen Bühnengestaltungsmittel – die Bierkiste – auf und transformiert diese in weiße vertikale Projektionsflächen. Ein mögliches Grünmandl-Zitat, das sich auf die Bierkisten projizieren ließe, wäre: Jo da kannst nix machen, es isch wie es isch. Ans Satzende setzt Cibulka jedoch ein großes Fragezeichen. Dem gegenwärtigen Welt-SCHMERZ und der Resignation setzt sie Wachsamkeit und Aktivität entgegen.

Ganz im Sinne Grünmandls verschmilzt durch Cibulkas Installation der Außen- mit dem Innenraum des Theaters, und damit das Bühnenbild mit der Kunstinstallation, das Private mit dem Politischen.
Katharina Cibulka: Wir können unsere Ohnmacht mit Bier hinunterspülen, auf der Couch sitzen bleiben und hoffen, dass schon alles gut ausgehen wird. Wir können die Bierkiste aber auch als Gefäß interpretieren und die Hohlräume mit Ideen füllen. Als WELT MITTEL gegen SCHMERZ bieten sich an: Aktivismus, Solidarität, miteinander reden statt gegeneinander posten, Haltung zeigen, Adler mit Weitblick sein, statt mutlose Kopf-in-den-Sand-Wappler. Es gibt viel zu verlieren. Oder: Es gibt viel zu gewinnen!

Photo credits: Tiroler Landestheater, Birgit Gufler